Weinbau in und um St. Goar

Weinbergslagen einst und jetzt

 

Der Weinbau prägt den Mittelrhein

Wer an den Mittelrhein denkt, dem fallen dazu sicher die Begriffe Burgen und Wein ein. Kein Wunder, ist doch die Landschaft durch beides geprägt.

Jungen Reben am Schlossberg von St. Goar

 

Nicht zuletzt ist Wein auch ein Thema für die große und kleine Eisenbahn. Selbst heute werden Produkte zur Weinherstellung noch mit der Bahn transportiert. Bis in die 50er Jahre gab es private Weinwagen der großen Weinerzeuger, mit denen die mehr oder weniger guten Tropfen auf Eisenbahnschienen zum Verbraucher rollten. In Zeiten der Börsen-Bahn natürlich längst kein Thema mehr.

Wein an einer alten Mauer am Mittelrhein

 

An vielen Orten bilden die alten Gemäuer - hier statt einer Burg ein alter Stadtturm von Bacharach - einen reizvolle Aspekt zu den Rebflächen, besonders im Herbst. Allein der Anblick einer herbstlichen Weinlandschaft und die Aussicht auf einen guten Schoppen bei einer Mahlzeit lohnt den Besuch am Mittelrhein und St. Goar.

Bacharacher Stadtturm in den Rebflächen rund um das Städtchen

 

 Und so gehört sicher ein fruchtiger Wein für viele Bewohner und Gäste des Rheintals, sowohl früher als auch heute, zu einem guten Essen dazu. Eine Tradition, die in Ordnung geht, solange der Rebensaft in Maßen getrunken wird.

Natürlich wird Wein in vielen Teilen der Welt angebaut. Einige Bilder und Informationen aus anderen Weinbaugebieten stellen den Weinbau in St. Goar hier in einen etwas größeren Rahmen.

Leckerer Weißwein aus der Lage „Bopparder Hamm“ vom Mittelrhein im Lokal  "Mühlchen" bei Boppard

 

Das Wein-Anbaugebiet Mittelrhein zählt übrigens zu den ältesten Weinbaugebieten Deutschlands. Es erstreckt sich heute von Bingen bis kurz vor Bonn und hat damit eine Länge von über 100 Kilometern.

Die Technik des Weinanbaus wurde durch die Römer an den Rhein gebracht. Eine Quelle aus dem Jahr 588 belegt den Weinbau auf dem rechten Rheinufer nördlich von Koblenz. Ab dem 11. Jahrhundert breitete sich der Weinbau am Mittelrhein aus. Verstärkt wurden Anbauflächen in Steilhängen und Seitentälern angelegt. Um an den steilen Hängen einen Weinanbau möglich zu machen, terrassierten die Winzer die Flächen.

Für Oberwesel ist der Weinbau für das Jahr 966 durch Quellen belegt.

Der Weinberg südlich vom Kammereck ist in Terrassen angelegt und gehört zu Oberwesel

 

Im 16. Jahrhundert erlebte der Weinbau am Mittelrhein einen Aufschwung. Winzer aus St. Goar legten auf der rechten Rheinseite Weinberge an. Die Bewirtschaftung dieser Flächen erleichterte die „Fliegende Brücke“ zwischen St. Goar und St. Goarshausen. Bei der „Fliegenden Brücke“ handelt es sich um eine Fähre, die über eine Kette mit einem Anker in der Rheinmitte verbunden war. Durch entsprechende Ruderstellung gegen die Strömung pendelt die Fähre zwischen den Ufern. Auch heute wird an den Steilhängen der Schwesterstadt St. Goarshausen Wein angebaut.

Blick auf St. Goar von den Höhen oberhalb von St. Goarshausen. Links ist die Burg Katz zu sehen

 

Der Weinbau ist als traditioneller Wirtschaftszweig am Mittelrhein und in St. Goar etwas seit Anfang des 20sten Jahrhunderts langsam dem Niedergang entgegen gegangen. Viele Weinlagen wurden aufgegeben, weil die Weine aus Steillagen gegenüber den auf ebenen Flächen angebaute Reben in der Erstellung teurer sind. Eine Mechanisierung im Weinbau ist auf Terrassen und in steilen Hängen kaum möglich. Der Zugang zu den Flächen ist oft nur durch steile Treppen möglich.

Steile Treppe zu einem Weinberg bei St. Goarshausen

 

Im Gegensatz zu den Terrassenlagen am Mittelrhein gestaltet sich der Weinbau z. B. am Bodensee wesentlich einfacher.

Weinbau im flachen Gelände. Eine Rebfläche am Bodensee bei Bodman

 

Im nördlichsten Weinbaugebiet Deutschlands, an der Ahr, sind neben Steillagen auch Rebflächen in den Tallagen, die mit Maschinen zu bearbeiten sind.

Kleintraktor im Ahrtal 

Rebfläche im Frühsommer am Bodensee bei Bodman

 

Lange verhinderten die kleinen zerstreut liegenden Rebflächen der Winzer ebenfalls einen wirtschaftlichen Weinbau. In den 50er Jahren fand eine große angelegte Zusammenlegung der Flächen statt. Dadurch waren schon 1960 über 90 Prozent der Rebflächen flurbereinigt.

In St. Goar haben nach und nach Winzer aufgegeben. Traditionelle Rebflächen gingen dadurch verloren. Einstmals gab es noch die Lagen „Bank“, „Hasenflöz“, „Im Obert“, „Lanzert“, „Seelenbach“, „Auf dem Wolfsberg“, „Kuhstall“ und „Ober der Bach“. Diese Lagen sind heute nicht mehr existent. Andere Anbauflächen blieben zwar erhalten, wurden aber in der Ausdehnung verkleinert. Auf dem Bild unten ist eine offen gelassenen Rebflächen gut neben den bewirtschafteten Flächen zu erkennen.

Nicht mehr genutzte Rebflächen im Gründelbachtal

In St. Goar ist die Topografie der Berghänge in weiten Teilen für den Weinbau nicht sonderlich geeignet, denn das linke Rheinufer ist nicht von der Sonne so verwöhnt wie die rechte Rheinseite. Folglich war hier der Weinbau auf Flächen beschränkt, die eine südliche Ausrichtung haben. Besonders der Nordhang des Gründelbachtals bietet diesen Vorteil. Dort hat sich der Weinanbau daher durchgängig halten können.

Die Anbauflächen im Gründelbachtal mit Weinbergen am Nordhang

Wie schwierig die Arbeit in den Steilhängen ist, zeigen die Bilder aus dem Gründelbachtal. Nur mit kleinen Pflügen und Eggen, die mit Seilen von oben gezogen werden, können die Steilflächen bearbeitet werden. Der Einsatz von großen Maschinen scheidet praktisch aus.

Pflug am Wegesrand zum Einsatz im Weinbau

Vielmehr ist harte körperliche Arbeit gefordert. Die Philipps-Brüder sind auf den folgenden Bildern dabei, eine Stange in den steinigen Boden zu rammen. Später werden die Stangen durch Drähte miteinander verbunden und abgespannt. Damit entsteht die so genannte Drahtrahmenziehung, die den Reben als Rankhilfe dient.

Die Philipps-Brüder Martin und Thomas bei der schweren Arbeit

 

Die Drahtrahmenziehung löste die traditionelle Stockkultur ab. Mit der neuen Anbauart ist eine bessere maschinelle Bearbeitung der Boden und der Reben möglich. In flachen Rebflächen ist ein Vollernter einsetztbar.

 

 

Ihr Weingut „Philipps-Mühle“ liegt im Gründelbachtal direkt unterhalb ihrer Anbauflächen. Dort werden die Lagen „Frohwingert“ und „Ameisenberg“ von den Philipps-Brüdern bewirtschaftet. Sie haben nach dem guten Ergebnissen weitere Rebflächen dazu genommen. So bauen sie Wein in den Lagen „Urbarer Beulsberg“ und „Oberwesel St. Martinsberg“ an.

Das Weingut Philipps-Mühle vom Ameisenberg aus betrachtet

 

Hier zwei Weine, die aus dem Jahr 2011 stammen.

   

Es gibt auch andere Methoden, Weinbau zu betreiben. In der Nähe von Salerno (Golf von Neapel) werden Wein, Orangen und Zitronen auf einer Fläche angebaut.

Weinbau am Golf von Salerno (Süditalien) zwischen Südfrüchten

Junge italienische Reben

 

 

Holzstangen als Rankhilfe beim Weinbau in Italien (Massa Lubrense)

Nachdem in den 90er Jahren der Weinbau in St. Goar immer weiter rückläufig war und immer mehr ehemalige Rebflächen zu wucherten, kam mit der Anerkennung des Mittelrhein-Tals als Weltkulturerbe der UNESCO zumindest ein kleiner Umschwung. Diese für den Mittelrhein so wichtige Entscheidung viel am 27. Juni 2002 in Budapest.

Am Schlossberg aktivierten Winzer des Weingutes Goswin Lambrich wieder eine ehemalige Anbaufläche und konnten 2007 den erste Wein dort ernten. Weine aus der Lage „St. Goar Burg Rheinfels“ sind inzwischen heiß begehrt. Auf der Burg selbst findet alle zwei Jahre das „Weinforum Mittelrhein“ statt. Diese Veranstaltung ist jedes mal ein Höhepunkt unter den vielen Weinfesten am Mittelrhein.

Im Jahre 2009 konnten mit der Ernte des kleinen Weinbergs unter der Burg Rheinfels 700 Flaschen gefüllt werden. Der Wein wird unter dem Namen „Vinum Sancti Goaris“ von der Stadt St. Goar vermarktet. Im Handel ist der Spitzenwein leider nicht erhältlich. Die Altersjubilare der Stadt können sich jedoch über eine Flasche der besonderen Tropfens freuen.

Jüngst wurde im Weinberg am Schlossberg eine etwa mannsgroße Skulptur des heiligen St. Goar feierlich enthüllt, die aus einem Eichenstamm vom Künstler Dieter Piroth geschnitzt wurde.

Skulptur von Dieter Piroth „St. Goar“

Der Namensgeber der Stadt St. Goar ist u. a. auch Schutzpatron der Winzer. Daher passt das neue Kunstwerk sehr gut zu den Bemühungen, den sanften Tourismus und den Weinbau im Mittelrheinstädtchen zu stärken.

Weinberg unterhalb der Burg Rheinfels am Schlossberg

Im Gründelbachtal blieben die Lagen „Ameisenberg“, „Frohwingert“ und „Rosenberg“ weiter bewirtschaftet und konnten sogar erweitert werden. Es gibt dort wieder Jungwinzer - wir konnten die Brüder Martin und Thomas schon bei der Arbeit sehen - , die das Erbe ihrer Väter antreten und eine Zukunft im Weinbau sehen. So konnte Thomas Philipps im Jahre 2005 Weinbau-Förderpreis für das Weingut Philipps-Mühle gewinnen. Dort werden auf ca. 2,5 ha Anbaufläche die Rebsorten Riesling (90%) und Müller-Thurgau (10%) angepflanzt oder bestockt, wie die Kenner sagen. übrigens: Wingert ist eine Bezeichnung für eine Fläche, die zum Weinbau genutzt wird.

Am Ortseingang von Oberwesel kann eine alte Kelter besichtigt werden. Mit solchen Geräten wurde früher der Rebensaft aus den Trauben gepresst.

Eine alte Kelter am Ortsrand von Oberwesel

Der Eisenbahnbau hat am Rhein den Weinbau deutlich schwieriger gemacht. So konnten die Winzer ihre Rebflächen teilweise nur noch über die Schienen erreichen. Viele niveaugleiche übergänge waren die Folge. Die Bahn versuchte besonders nach der Elektrifizierung der Rheinstrecken Rebflächen abzulösen und Wegerechte zu kappen, um so die Sicherheit der Bahnstrecken zu erhöhen. Besonders in der Nähe von Tunneln stellt eine ungesicherte Übergang eine große Gefahrenquelle dar.

Ein Weinberg südlich der Loreley (rechtsrheinisch)

 

Ein Beispiel für das Verschwinden alter Weinlagen ist im Stadtteil „An der Loreley“ zwischen Bank- und Bettunnel zu finden. In den 30er Jahren war der Hang gegenüber der Loreley noch zu etwa 2/3 bestockt. Dort wurde der Zugang zur Lage „Kuhstall“ durch Wegfall der fußläufigen Überwege der Bahnstrecke, die durch Drehkreuze gesichert wurden, erheblich erschwert. Auf einem Bild aus dem Jahr 1960 war der Hang über dem Banktunnel-Südportal noch großräumig bestockt. Zumindest bis 1969 konnte noch Wein aus dem „Kuhstall“ geerntet werden. Nachdem die Fläche über Jahre nicht mehr bewirtschaftet wurde, kam 2007 das „Aus“ für die Einzellage. Das Weinlagengesetz verlangt offensichtlich die Streichung von solchen Brachflächen aus dem Register.

Besonders im Herbst gibt das Farbenspiel der welkenden Weinblätter der Landschaft am Mittelrhein einen ganz besonderen Reiz.

Herbstlicher Weinberg in Bacharach

 

 

Jeder Freund des Mittelrheins kann durch die richtige Wahl des Weins dazu beitragen, dass die Tradition des Weinanbaus erhalten bleibt und die Landschaft ihren typischen Charakter erhält.

Weinberg bei Assmannshausen auf der rechten Rheinseite

Wer einen edlen Tropfen liebt, der kommt in St. Goar auf seine Kosten. Drei Häuser aus St. Goar haben eine besondere Auszeichnung bekommen. Sie dürfen sich „Haus der besten Schoppen“ nennen. Dabei handelt es sich um das „Flair Hotel Landsknecht“ (an der Rheinuferstraße, Stadtteil Fellen), die Winzerschenke Philipps-Mühle im Gründelbachtal und um das Hotel-Restaurant Schloss Rheinfels.

Weintrauben auch im ostwestfälischen Höxter (Weser)

 

 

Hier noch aktuelle Zahlen zum Weinbau am Mittelrhein. Noch gibt es über 150 Weinbaubetriebe, die etwa zu 1/3 über eine angeschossene Weingastronomie verfügen. Die Masse der Betriebe wirtschaftet auf eine Anbaufläche unter 3 ha. Nur sieben Betriebe haben mehr als 10 ha Rebflächen. Die Anbaufläche am Mittelrhein liegt etwa bei 460 ha. Die Riesling-Trauben liefern etwa 70 % des Ernteertrags am Mittelrhein. Bei den angebauten roten Rebsorten dominiert eindeutig der Spätburgunder.

Auch am Rhein: Trauben bei Stein am Rhein in der Schweiz

Zum Schluss der kleinen Weingeschichte rund um St. Goar nochmals ein Abstecher nach St. Goarshausen. Im alten Stadtturm am Rheinufer befindet sich ein kleines Weinmuseum. Im Schatten des Turmes kann dem Rebensaft auch direkt zugesprochen werden.

Torkel-Keller im Stadtturm von St. Goarshausen

Ein Weintrinker auf der „schäl Sick“, wie der Kölner zur rechten Rheinseite bei Köln-Deutz zu sagen pflegt. Hier ist der Verfasser dem schönen St. Goar etwas untreu geworden. Der Durst nach einer Wanderung auf dem Rheinsteig war einfach übermächtig.

Ein Weintrinker am Torkel-Keller wünscht alles Gute für St. Goar

Auf St. Goar und den Mittelrhein. Mögen sie uns noch lange erhalten bleiben. 

Letzte Änderung auf dieser Seite am 07.03.2017.

 

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