Rheingold 1962

Der neue Rheingold

Nachdem der Rheingold als F 9/10 schon das modernste Lok- und Wagenmaterial Ende der 50er Jahre bekommen hatte, beschloss die Deutsche Bundesbahn 1960 den Kauf von völlig neu konzipierten Wagen für den Rheingold, um an die Vorkriegs-Tradition des Luxuszuges anzuknüpfen. Federführend für die Entwicklung der Rheingoldwagen war das Bundesbahn-Zentralamt in Minden (Westf.).

Hier ist ein Testzug vor der offiziellen Einführung des Rheingold zu sehen.

1962 schlug dann die Geburtsstunde des Rheingolds, der wie kein anderer Zug die Modernisierung der Deutschen Bundesbahn symbolisierte. Erstmals kamen völlig neu konzipierte Schnellzugwagen zum Einsatz. Dabei ragte besonders der Dome-Car mit einer großen Glaskanzel in der Wagenmitte heraus.Die Aussichtswagen der ersten Serie hatten seitlich den Schriftzug "Rheingold" unterhalb der Glaskanzel.

Der Aussichtswagen bot auf der romantischen Rheinstrecke einen herrlichen Ausblick in die Landschaft. Vorbild für den Dome-Car war ein Wagen mit Aussichtskuppel der "Chicago, Burlington & Quincy Railroad", der ab 1945 in den USA lief und sich großer Beliebtheit erfreute. Weitere Bahngesellschaften in den Staaten bauten ebenfalls solche Aussichtswagen.

Ebenfalls der Speisewagen bot eine Besonderheit. Im Küchenbereich war er zweistöckig aufgebaut, wobei die Spüle in die zweite Etage wanderte. Die Erhöhung des Daches in diesem Bereich brachte dem Wagen den Beinamen „Buckelspeisewagen“ ein.

Die Speisewagen gehörten zunächst der DSG. Sie gingen 1966 auf die DB über.

Probefahrten

Selbstverständlich wurde vor der ersten fahrplanmäßigen Fahrt das neue Rollmaterial getestet. Immerhin war der neue Rheingold auch schneller unterwegs als die bisherigen Schnellzüge. Im Buch "Vom Fernschnellzug zum Intercity" (Scharf/Ernst) sind Bilder von Schnellfahrten zu sehen, die mindestens ab März 1962 stattfanden. Dabei kamen zunächst die für 160 km/h ertüchtigten Aüm-Wagen zum Einsatz, die nach und nach durch die neuen Rheingold-Wagen bei den Probefahrten ersetzt wurden. Im Mai 1962 konnten diese Testfahrten überwiegend mit den neuen Abteil- und Großraumwagen stattfinden. Einer der Testzüge wurde von der E 10 1240 geführt. Hier die Wagenreihung nach einem Bild bei (Scharf/Ernst, S. 243):

E 10 1242
Abteilwagen A4üm-54
Schürzenschlafwagen (vermutlich Verwendungsgruppe 39)
Großraumwagen Ap4üm-62
Großraumwagen Ap4üm-62
Abteilwagen Av4üm-62
Abteilwagen Av4üm-62
Abteilwagen Av4üm-62
Aussichtswagen AD4üm-62
 

und deren Umsetzung auf der Rheinmodellbahn.

Achtung: Statt des Schürzenschlafwagens, habe ich einen Schürzenspeisewagen bei der Testfahrt Richtung Norden eingestellt. Auf der Rückfahrt ist der Schürzenschlafwagen eingestellt.

Probe-Rheingold Richtung Koblenz

Der rote Schürzenspeisewagen weicht von der Bildvorlage ab.

Am Zugschluss der Aussichtswagen

Während die E 10 1242 gleich in den Bettunnel einfährt, ist der Zugschluss noch im Kammerecktunnel

Der Probezug Richtung Süden

Die Lok zieht den Zug in die Gegenrichtung. Statt dem Speisewagen wurde jetzt ein Schlafwagen eingestellt.

Der Probezug in Gegenrichtung mit dem Schürzenschlafwagen für das Begleitpersonal  

Hier nochmals der Schlafwagen etwas deutlicher.

Der Start

Zum Start des neuen Rheingold waren die beiden Buckelspeisewagen noch nicht fertig. Als Ersatz kamen die schon vorher genutzten Speisewagen der Bauart WR4ü(e)39 zum Einsatz. Sie hatten allerdings schon ab 1958 Gummiwulstübergänge bekommen, womit sich die Bezeichung in WR4üg(e)39 geändert hatte. Zusätzlich war eine Klimaanlage eingebaut worden, um die Wagen den neuen Qualitätsanforderungen gerecht werden zu lassen. Die Speisewagen sind wohl auch nach Auslieferung der WR4üm-62 noch bei Ausfall der Regelwagen zum Einsatz gekommen. Allerdings war nur ein Schürzenspeisewagen für eine Geschwindigkeit von 160 km/h zugelassen. Der Wagen mit der Nummer 1215 II (II wegen Doppelbelegung der Nummer) hatte neue Minden-Deutz Drehgestelle erhalten. Der Altmeister der Eisenbahnfotografie - Carl Bellingrodt - konnte jedenfalls im März 1963 den F 10 mit einem Altbau-Speisewagen an der Blockstelle Peternach ablichten.

Als Sitzwagen standen den Reisenden zwei Wagenmodelle zur Auswahl: Ein klassischer Abteilwagen der ersten Klasse und, wiederum eine Neuheit, ein Großraumwagen, in dem die Sitzanordnung eher der im Flugzeugen nachempfunden war.

Abteilwagen

Großraumwagen

Zahlenmäßig war allerdings der Abteilwagen klar in der Überzahl. Übrigens waren alle Rheingold-Wagen klimatisiert und für eine Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h zugelassen.

Hier der Umfang der erste Lieferung für den Rheingold:

10 Abteilwagen Av4üm-62
5 Großraumwagen Ap4üm-62
3 Aussichtswagen AD4üm-62
2 Speisewagen WR4üm-62 (Nummern 11 001 und 11 002)

Die noch recht neue Schnellzuglokomotive E 10 sollte in leicht veränderter Form und Technik den Luxuszug ziehen. Doch zum Start des neuen Rheingolds konnte die Industrie nicht rechtzeitig die neuen Loks ausliefern. So wurden Loks der Baureihe E 10 in Kastenform umgebaut und auf eine Geschwindigkeit von 160 km/h ertüchtigt. Die Loks, die ab Februar 1962 ausgeliefert wurden, bekamen die Nummern E 10 1239 bis 1244.

Die erste Rheingoldlokomotiven waren noch die E 10 in Kastenform.

Die E 10 1242 bei einer Probefahrt

Die E 10 1242 zieht dem Bettunnel entgegen.

Nachdem die ersten Buckelspeisewagen abgenommen waren, präsentierte sich der neue Rheingold in seiner ganzen Pracht. In der Regel bestand der Zug aus 7 oder 8 Wagen. Zur Verstärkung konnten die blauen A4üm-54 D-Zug-Wagen eingestellt werden. Die Wagenreihung habe ich dem Buch "Die frühe Bundesbahn" von E.Palm-Baumann/K. Hierl entnommen.

Demnach liefen hinter der Kasten E 10 zunächst drei Abteilwagen. Danach folgten Aussichts- und Speisewagen.Nach einem weiteren Abteilwagen bildete der Großraumwagen den Zugschluss.

Der Rheingold 1962

Eine weiterer Rheingold. Diesmal aus älteren Modellbahnwagen von Lima gebildet. Ausnahmsweise ist hinter der Lokomotive ein Großraumwagen eingereiht.

Bei Trechtingshausen konnte Carl Bellingrodt 1962 einen Rheingold mit sechs Wagen auf der Fahrt nach Norden ablichten. Auf dem Bild ist die Wagenreihung etwas anders als bei meinem nachgestellten Bild mit sehr schönen Modellbahnwagen von Lima. Nach dem Abteilwagen hinter der E 10 sind auf Bellingrodts Aufnahme zwei Großraumwagen eingereiht. Durchaus ungewöhnlich. Aber ein Beweis für viele mögliche Zusammenstellungen des Rheingold-Wagenmaterials.

Hier rauscht der Rheingold mit nur sechs Wagen dem Bettunnel entgegen.  

Ein Nachschuss bei der Einfahrt des Zuges in den Bettunnel. Wer genau hinsieht, kann beim Aussichtswagen die große Fenstereinteilung erkennen. Da wurde leider ein Fehler vom Modellbahn-Hersteller gemacht, denn die größeren Fenster in der Kanzel des Aussichtswagens gab es erst bei den zwei Wagen für den Rheinpfeil, die erst 1963 gebaut wurden.

 

Der Rheingold mit der E 10.12

Erst im Oktober 1962 kamen die vorgesehen Loks zum Einsatz. Optisch waren die schnellen Lokomotiven an der neuen Kopfform mit der so genannten "Bügelfalte", den durchgehenden Lüfterbändern und speziellen Drehgestellen der Firma Henschel erkennbar. Auch die Regellokomotiven der Baureihe E 10 bekamen fortan die Bügelfalte und die geänderten Lüfterbänder. Die Höchstgeschwindigkeit blieb aber bei 140 km/h für die Serienmaschinen. Die Rheingold E 10 wurde im Unterschied zur Serienlokomotive als E 10.12 geführt. Dabei wurden zunächst die Nummern E 10 1265 bis 1270 vergeben. Die provisorisch hergerichteten Lokomotiven wurden zu Serienmaschinen zurück gebaut. Dabei bekamen sie die übliche blaue Lackierung der Schnellzuglokomotiven. Die letzte Kasten-Rheingold E 10 bekam am 25. Februar 1963 ihr blaues Kleid.

Die Lokomotiven der späteren Baureihe 112 bekamen ihre eigene Baureihenbezeichnung erst mit der Einführung der Computernummern. In der Epoche III wurde ihnen eine vierstellige Nummer gegeben (z. B. E 10 1265).

Die ersten sechs Loks für den Rheingold bekamen die Nummern E 10 1265 bis 1270. Die zweite Lieferung im Jahr 1963 für den Rheinpfeil bekam die Nummern 1308 bis 1312. 1968 erfolgte die Auslieferung von 20 Lokomotiven der dritten Serie, jetzt schon unter der Bezeichnung 112 485 bis 112 504. Während die ersten zwei Lieferungen in den Farben Blau/Elfenbein ausgeliefert wurden, wurde die letzte Lieferung schon in purpurrot/beige geliefert. Diese neue TEE-Lackierungen bekamen ab 1966 schon die Maschinen der ersten beiden Lieferungen für Rheingold und Rheinpfeil.

Die Bügelfalten-E-10 für den Rheingold war im Bw Heidelberg Pbf stationiert. Die E 10 1270 hatte noch bis Oktober 1967 den alten Rheingold-Lack. Erst dann bekam die Lok die TEE-Lackierung in purpurrot/beige.

E 10 1267 Rheingoldlokomotive blau-beige

Die Zugreihung hat sich mit der neuen E 10.12 nicht geändert. So sah der Rheingold allerdings noch eleganter aus.

In der Regel waren im Rheingold Aussicht- und Buckelspeisewagen immer direkt zusammen gekuppelt unterwegs. Selten kam der Schürzenspeisewagen noch zum Einsatz.

 

Die Zugspitze beherrschten die Abteilwagen der Bauart Av4üm-62.

Leider ist der komplette Rheingold auf meiner Anlage nur schwer ins Bild zu setzen. Mit zwei Verstärkerwagen wäre ein Teil des Zuges im Bett- oder Kamerecktunnel verschwunden. 

 

In den Niederlanden zogen Loks der Reihe 1200 den Rheingold von Amsterdam bis Utrecht. Ab Utrecht kam die Reihe 1100 vor den Zug.

Der gesamte Zug wurde einheitlich in den Farben creme-blau lackiert, was ihn nochmals besonders aus den grünen und blauen Reisezug-Farben abhob.

Die zwei Garnituren fuhren zunächst von Hoek van Holland bis Basel SBB. Zusätzlich fuhr in der Fahrplanlage nach wie vor der Rheinpfeil. Hier die die Durchfahrtszeiten in St. Goar.

Durchfahrt 11:54 Uhr F 10 Rheingold Hoek v. Holland – Basel SBB
Durchfahrt 12:03 Uhr F 22 Rheinpfeil Dortmund – München
 
Durchfahrt 18:07 Uhr F 21 Rheinpfeil München – Dortmund
Durchfahrt 18:15 Uhr F 9 Rheingold Basel SBB – Hoek v. Holland

Interessant ist die Abkehr von Triebzügen im hochwertigen Reiseverkehr, der durch den VT 11.5 und seinen Vorgänger den Vt 08 zu erkennen war. Beim Rheingold ging der Weg wieder zu den klassischen lokbespannten Zügen zurück. Diese Entscheidung machte es möglich, den Zug bei Bedarf deutlich zu verstärken und Kurswagenläufe durchzuführen. Beide Vorteile der lokbespannten Züge wurden im Betriebskonzept berücksichtigt.

Um den Rheingold bei hohem Verkehrsaufkommen verstärken zu können, ließ die Deutsche Bundesbahn die letzten sechs Wagen des Typs A4üm-54 für die höhere Geschwindigkeit umbauen. Die Wagen mit den Nummern 12015 bis 12020 bekamen Magnetschienenbremsen und geänderte Hauptluftbehälter-Leitungen. Die Lackierung blieb aber bei der typischen blauen Farbe für die D-Zug-Wagen der 1. Klasse. Die für 160 km/h zugelassenen Wagen wanderten in den 70er Jahren in den IC-Verkehr ab, da genügend moderne Reisezugwagen der Rheingold-Bauart zur Verfügung standen. Schon Ende der 60er Jahre kamen die blauen Verstärkungswagen wohl kam noch zu Rheingold-Ehren.

Der Rheinpfeil lief 1962 noch nicht mit dem exklusiven Wagenmaterial des Rheingolds. Aber schon 1963 bekam auch dieser Zug das Rollmaterial der Rheingold-Bauart. Damit wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 160 km/h erhöht. Auch beim Rheinpfeil waren die vorgesehenen Elektrolokomotiven nicht sofort lieferbar. So kamen wieder provisorische E 10  mit den Nummern 250 bis 254 zum Einsatz. Ab Oktober 1963 lieferte die Industrie dann 5 Rheinpfeil E 10 mit den Nummern E 10 1308 bis 1312 aus. Die letzte der Loks kam im Februar 1964 zur DB. zu diesem Zeitpunkt waren die provisorischen Kasten E 10 schon wieder in blauem Lack unterwegs.

Eine Bügelfalten E 10 für den Rheinpfeil.

Für beide Züge standen 1963 folgende Schnellzugwagen der Bauart Rheingold zur Verfügung:

22 Abteilwagen Av4üm-62
11 Großraumwagen Ap4üm-62
5 Aussichtswagen AD4üm-62
5 Speisewagen WR4üm-62 (Nummern 11 003 bis 11 005 im Jahr 1963 geliefert und gleich bei der Deutschen Bundesbahn geführt)
 
Bis 1965 fuhr der Rheingold in der creme-blauen Lackierung den Rhein entlang. 
 
Weiter zum Rheingold 1965.

Letzte Änderung am 04.08.2012. 

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