Knüllwaldbahn bei Oberaula

Die Bahnstrecke Bad Hersfeld - Treysa

Die heute weitgehend stillgelegte Eisenbahnlinie durch das Klüllgebirge bedeutete in der Entstehungszeit einen wirtschaftlichen Aufschwung für das entlegene Gebiet in Nordhessen. Der erste Abschnitt ging im Mai 1906 zwischen Bad Hersfeld und Oberaula in Betrieb. Im Juli 1907 folgte dann der Streckenteil bis Treysa. Die 62,2 Kilometer lange Strecke erlangte nur regionale Bedeutung im Güter- und Personenverkehr. Die Trasse folgt den Flussläufen Fulda, Aula, Grenff und Schwalm. Im Mittelteil zwischen den Bahnhöfen Oberaula und Ottrau ist die Strecke kurvenreich, wobei eine Höhe von über 400 Metern über normal Null erreicht wird. An den jeweiligen Endpunkten stieß die Knüllwaldbahn auf heute noch sehr bedeutenden Eisenbahnstrecken. In Bad Hersfeld wurde die Nord-Süd-Strecke erreicht. In Treysa konnte die Fahrt auf der Main-Weser-Bahn und der Kanonenbahn fortgesetzt werden.

Die Knüllwaldbahn wird von Bad Hersfeld bis Niederaula noch im Güterverkehr befahren. Der Rest der Strecke wurde zwischen 1977 und 1999 stillgelegt. Zum großen Teil wird die Trasse als Radweg touristisch genutzt. Auf dem Bahnradweg "Rotkäppchenland" kann so die schöne Landschaft ohne große Steigungen erradelt werden.

Die folgenden Bilder endstanden am 4. und 5. April 2015.

Ort und Bahnhof Oberaula

Um im schönen Knüllgebirge Wanderungen zu unternehmen, bietet sich der Marktflecken Oberaula im Schwalm-Eder-Kreis an. Heute ist der Großgemeinde wirtschaftliches Zentrum des oberen Aulatales. Die Geschichte des Ortes reicht bin in das 9. Jahrhundert zurück. Mittelpunkt ist die evangelische Kirche aus dem 17. Jahrhundert, deren Vorläuferbauten auf das Jahr 1000 datiert werden.

Ansicht von Oberaula 

Oberaula bietet eine abwechslungsreiche Umgebung mit zahlreichen Wäldern und Bachtälern. Wer Ruhe und gute Luft sucht, wird sie im Knüllgebirge finden. Der Eisenberg mit 636 Metern Höhe ist der Hausberg von Oberaula und die höchsten Erhebungen im Knüllgebirge.

Wanderweg bei Oberaula

Natürlich interessierte mich die Geschichte der 1906/07 gebauten Knüllwaldbahn, auf die ich bei der Reiseplanung durch den Eisenbahnatlas Deutschland von Schweers & Wall aufmerksam wurde. Zwischen Oberaula und Treysa wurde der Personenverkehr am 1. Juni 1984 eingestellt. Ab 31. August 1995 kam das Aus für den Güterverkehr. Die Suche nach Resten der Eisenbahn gehörte daher zum Wanderprogramm.

Das der Güterverkehr für die Knüllwaldbahn eine so große Rolle spielte, lag wohl an dem Abtransport von Basaltschotter, der mit dem Bahnbau Anfang der 20. Jahrhunderts bei Oberaula einen erheblichen Aufschwung nahm. Nördlich von Oberaula liegt der Berg Nöll. Dort konnte im Tagebau hochwertiger Basalt abgebaut werden, der sich durch seine besondere Härte und Witterungsbeständigkeit auszeichnet. Beim Berg Nöll handelt es sich um einen erloschen Vulkankegel, der vor dem Basaltabbau einmal 507 Meter hoch war. 1998 wurde der Tagebau am Nöll eingestellt und der Industriebetrieb 2003/04 wegen Materialerschöpfung stillgelegt. Der Berg ist heute nur noch 482 Meter hoch. Zuletzt wurden die Basaltstein per Lkw abgefahren.

Am ehemaligen Silo des Steinbruchs wurden Informationstafeln aufgestellt, die einen Einblick in die Geschichte des Basaltabbaus in Oberaula geben. Bis Anfang der 60er Jahre fand an dem Standort und in dessen Nähe die Produktion und Verladung der Basaltprodukte statt. Neue Anlagen in unmittelbarer Nähe zum Steinbruck machten die Gebäude überflüssig. Das alte Brecherwerk und weitere Bauten wurden abgerissen. Das Silo und ein Mietshaus für die Steinbrucharbeiter blieben übrig. Auf der Abbruckfläche entstand die Freizeitanlage Osterteich.

Freizeitanlage Osterteich

Seit den 90er Jahren dokumentieren Infotafeln am Basaltsilo die Geschichte des Basaltabbaus in Oberaula. Die Initiative ging vom Knüllgebirgsverein Oberaula aus.

Informationstafeln zum Basaltabbau in Oberaula

Tafel 2

Tafel 3

Vom Brecherwerk in der Nähe der Abbaufläche gelangte der Basalt mit Lorenzügen zur Verladestation. Am Ortsrand an der Teichstraße ist heute noch das Silo zu sehen, in dem die verschiedenen Basaltschotter-Sorten zwischen gelagert wurden. Vor dort ging es per Lkw oder Schmalspurbahn weiter. Es wurden übrigens auch Pflastersteine am Nöll hergestellt, wie die Bilder auf den Informationstafeln zeigen.

Silo in der Teichstraße von Oberaula

Die kleine Diesellok, die im Silo steht, brachte die Loren zum Bahnhof von Oberaula. Dort wurden der Schotter oder Split auf Güterwagen verladen. In den 50er Jahren erfolgte der Abtransport noch mittels Dampflokomotiven.

Original-Diesellok des Basaltwerkes

Im gesamten Bahnhofsumfeld liegen keine Gleise mehr. Auf der Trasse verläuft der Bahnradweg "Rotkäppchenland". Eine Überführung mit steilen Rampen hält den Autoverkehr fern.

Bahnradweg "Rotkäppchenland"

Die Trasse folgt am Bahnhof von Oberaula den Häuserbach.

Überführung Richtung Westen betrachtet

Am Südrand von Oberaula liegt der Bahnhof, dessen Empfangsgebäude mit Güterhalle noch vorhanden ist. Tisch und Bänke laden den Radler zum Rasten ein.

Bahnhofsgebäude Oberaula mit angebauter Güterhalle

Rechts neben dem heutigen Radweg befanden sich Gütergleise und Verladerampen für die Bundeswehr. Bis 1995 wurden dort Panzer und Fahrzeuge über die Schiene möglichst nahe zum Truppenübungsplatz "Schwarzenborn" befördert. Die Knüllhochfläche bei Schwarzenborn war schon im Kaiserreich für Truppenübungen genutzt worden. Ab 1934 begann dann unter den Nazis der Ausbau zum Truppenübungsplatz. Auch die Bundeswehr will auf das Gelände nicht verzichten.

Ehemaliger Güterbereich am Bahnhof Oberaula

Weiter östlich sind Reste der ehemaligen Basaltschotter-Verladestelle zu erkennen. Hier wurde der Basaltschotter aus den Loren in die Güterwagen gekippt.  

Es gab sogar ein kleines Bahnbetriebswerk in Oberaula, dessen Rest gegenüber der Schotterverladung nur noch zu erahnen sind.

Verladerampe für die Kleinbahn vom Schotterwerg bis zum Bahnhof

Die Bahntrasse ist im Bereich um Oberaula offensichtlich ohne niveaugleiche Kreuzungen mit Straßen und Wegen bebaut. So befindet sich im Ortsteil Wahlshausen eine Bahnunterführung. Kurz vorher verlässt der Bahnradweg "Rotkäppchenland" die Knüllwaldbahn und verläuft ab dann neben der Trasse.

Ein "Insektenhotel" links von der Unterführung soll die Artenvielfallt im Aulatal unterstützen.

Bahnunterführung in Wahlshausen

Die Knüllwaldbahn ist mit kundigen Blick gut in der Landschaft zu erkennen. Bei Oberaula-Wahlshausen säumen Bäume die Trasse. Die Reste des Osterfeuers der Ortschaft rauchen am Ostersonntag noch etwas.

Knüllwaldbahn bei Wahlshausen

Letzter Blick auf Oberaula

 

Letzte Änderung auf dieser Seite am 25.04.2015.

 

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