Bahnhof Oberwesel
Die einstmals große Gleisanlagen zwischen Bingerbrück und Boppard
Bahnhof Oberwesel 1995
Der Bahnhof von Oberwesel sollte ursprünglich zu meinem Vorbild für einen Streckenteil am linken Rhein werden. Ich bin extra in die alte Reichsstadt gefahren, um Bilder für die Umsetzung auf meiner neuen Anlage zu schießen. Schnell wurde mir allerdings vor Ort klar, wie schwierig eine Umsetzung werden würde. Die Bahnanlagen sind im Maßstab 1 : 87 einfach bei beschränken Raumangebot zu groß. Schließlich viel meine Wahl dann auf St. Goar zur Umsetzung meiner Modellbahnambitionen. Reizvoll ist das Städtchen Oberwesel und seine Bahnanlagen allerdings allemal. Im Folgenden gekommen Sie einen Einblick in die Geschichte und Gegenwart des Bahnhofs.
Bahnhofsgebäude Oberwesel von der B 9 aus getrachtet (Aufnahme 2012)
Noch mit dem alten DB-Schild präsentierte sich das Bahnhofsgebäude 1995. Der Bau wurde zeitgleich mit der Bahnstrecke eröffnet. Der Baustil folgte einem Generalplan für die Rheinstrecke. Ähnliche Gebäude entstanden in Bacharach und Boppard. Durch das steigende Fahrgastaufkommen entschloss sich die preußische Staatsbahn das Bahnhofsgebäude auf beiden Seiten zu erweitern. 1908 konnten die flachen Anbauten durch die Fahrdienstleitung, die später in das Stellwerk 1 umzog, und einen Bahnhofswirt bezogen werden. Ferner konnten die Fahrgäste dritter Klasse einen Wartesaal aufsuchen. Die Bahnhofsgaststätte bestand noch in den 70er Jahren.
Um die technischen Einrichtungen für das Gleisbildstellwerk unterzubringen, errichtete die Bundesbahn Anfang der 70er Jahre den geklinkerten Flachbau vor dem eigendlichen Bahnhofsgebäude.
Bahnhof Oberwesel 1995
Noch war das alte Abortgebäude aus dem Jahr 1925 und der um 1960 erbaute Güterschuppen vorhanden. Die Gleise für Expressgut und andere per Lastkraftwagen oder Fuhrwerk angelieferte waren lagen 1995 noch. In den Glanzzeiten der Bahn waren in dem Bereich das Stellwerk 2, eine Gleiswaage, ein Lademaß und sogar ein handbetriebener Ladekran zu finden.
Abortgebäude und Güterschuppen (Aufnahme 1995)
Joachim Busch hat anlässlich des 150sten Bestehens der linken Rheinstrecke ein Buch über "Oberwesel und die Eisenbahn" veröffentlicht. Darin finden sich viele interessante Geschichten und Bilder zum Bahnhof und der Strecke auf dem Stadtgebiet von Oberwesel. Meine ersten Informationen stammen aus dem Jahr 1995. Damals besuchte ich das erste Mal den geschichtsträchtigen Ort. Seit dem hat sich einiges verändert. Wie überall an der Strecke wurde Gleise zurück gebaut oder gesperrt.
Bahnhofsgebäude Oberwesel von der Bahnsteigseite betrachtet (Aufnahme 2012)
Heute halten alle Regionalzüge in Oberwesel. So auch der Regionalexpress, der von der DB AG gefahren wird. Die Doppelstockwagen werden dabei von einer BR 143 gezogen und geschoben.
BR 143 schiebt einen Regionalexpress nach (Aufnahme 2012)
Der alte Fahrradunterstand, der schon in den 90er Jahren veraltet wirkte, steht auch noch 2012 den Radlern zur Verfügung. Der Fußgängertunnel zum Mittelbahnsteig stammt aus dem Jahr 1956. Zuvor wurden die Gleise oberirdisch überquert.
Fußgängerunterführung und Radabstellanlage (Aufnahme 1995)
Der Personenbahnhof von Oberwesel verfügt über drei Bahnsteiggleise. Neben dem Hausbahnsteig ist ein Mittelbahnsteg über einen Fußgängerunterführung zu erreichen. Es ist daher - anders als in St. Goar - eine Überholung von Personenzügen möglich. Der Fahrdienstleiter sitzt wie im St. Goar in einem Anbau des Bahnhofsgebäudes. Seit August 1972 wird von dort aus der Zugverkehr mit Hilfe eines Gleisbildstellwerks gesteuert. Drei mechanische Stellwerke und zwei Blockstellen wurden dadurch überflüssig.
Selbstverständlich verfügte der Bahnhof Oberwesel früher über Stellwerksgebäude. Am Bahnübergang direkt am Bahnhof befand sich Stellwerk 1, dessen Bau auch einen Schrankenposten aus Wellblech ersetzte. Am südlichen Bahnhofskopf stand das Stellwerk Oberwesel Os. beide Stellwerke sind abgerissen worden.
Mittelbahnsteig in Oberwesel mit Werkstattgebäuden der Bahn im Hintergrund (Aufnahme 2012)
Oberwesel verfügt noch über einen Güterbereich, in dem noch die Gleise liegen, jedoch nicht mehr benutzt werden können. Die Weiche, die offensichtlich noch nicht lange gesperrt ist, führte einst in die langen Gleise des Güterbahnhofs, die eine Überholung und Abstellung von Güterzügen außerhalb der Bahnsteiggleise möglich machten. In einem Gebäude war ein Lokschuppen für Kleinlokomotiven und eine Signalwerkstatt untergebracht, die heute (2013) nicht mehr benötigt wird
Ehemaliger Lokschuppen mit Signalwerkstatt (Aufnahme 2012)
Der Rückbau von Bahnanlagen schreitet fort. Schon 1995 hatte der kleine Lokomotivschuppen sein Gleis verloren. Aber die Schienen für den Güterbereich waren noch angeschlossen und befahrbar.
Lokschuppen und Signalwerkstatt (Aufnahme 1995)
Kleine Details am Schienenstrang: Vor der Signalwerkstatt war ein Außenschraubstock an einer Schwelle angebracht. Wann mag da wohl die letzte Arbeit verrichtet worden sein?
Schraubstock (Aufnahme 1995)
Unmittelbar vor dem Bahnhofsbereich ist ein beschrankter Bahnübergang, der in den 50er Jahren leicht verlegt werden musste, um die Verkehrsführung zu entschärfen. Auch wenn in den vergangenen Jahren einige Bahnübergänge durch Brücken ersetzt worden sind, so finden sich auch heute noch zahlreiche Bahnschranken im Streckenverlauf zwischen Koblenz und Bingen.
Bahnübergang neben dem "Zehnerturm" (Aufnahme 2012)
Der Trassenverlauf der linken Rheinstrecke in südlicher Richtung zeigt die Reduzierung der Gleise durch einen Prellbock an. In diesem Bereich begannen bis Ende der 50er Jahre die Gleise zum Hafen von Oberwesel. Dort wurde Holz in großen Mengen umgeschlagen. Mit dem Neubau der Bundesstraße 9 vor der Stadt und der Bahnlinie wurden die Gleise entfernt.
Die Gleisentwicklung im südlichen Bahnhofsbereich (Aufnahme 2012)
In den 90er Jahren waren noch fünf Gleise in Oberwesel befahrbar. Jedoch hatte der Rückbau, wie am kleinen Lokschuppen zu sehen ist, schon begonnen. Eine Baustoffhandlung und eine Autowerkstatt hatte einen Gleisanschluss und wurde darüber wohl auch beliefert. Zuletzt wurde das linke Gleis für den Abtransport von Holzstämmen benutzt, die bei einem Sturm in großen Mengen aus den Wäldern geholt werden mussten.
Gleise für Personen- und Güterverkehr in Oberwesel (Aufnahme 1995)
Die Bahnhofsausfahrt Richtung Bingen verfügte in den 90er Jahren noch über vier Ausfahrsignale und für das Gleis Richtung Lokschuppen über ein Gleissperrsignal.
Südlicher Bahnhofskopf Oberwesel (Aufnahme 1995)
Am südlichen Ende des Bahnhofs war ein Natursteinwerk durch ein Stumpfgleis erschlossen.
Verladerampe in Oberwesel (Aufnahme 1995)
Seit dem Jahr 2008 bedient die Privatbahn Trans-Regio mit modernen Triebwagen vom Typ Desiro im Personennahverkehr die linke Rheinstrecke.
Halt der Mittelrheinbahn in Oberwesel (Aufnahme 2012)
Letzte Änderung am 07.04.2013